Ausbildung Alten- und KrankenpflegePflegegeschichte im Unterricht Immer wieder kamen Hilferufe von Kollegen: "Ich muss plötzlich Pflegegeschichte unterrichten, habe keine Ahnung und weiß nicht, wie ich vorgehen kann. Was ist wichtig, worauf sollte ich achten?" Man kann die Geschichte der Pflege so unterrichten, dass alle notwendigen Fakten vermittelt sind und der prüfungsrelevante Stoff durchgehechelt ist.
Vorteile: Zeitersparnis, klare Strukturierung, leicht korrigierbare Arbeiten, wenig Diskussionen.
Nachteile: Entwicklung von Staublungen bei der Schülerschaft und ein leidendes, wenn pflegegeschichtsverliebtes Lehrerherz.
Pflegegeschichte ist in erster Linie Sozial- und Alltagsgeschichte. Die Sozialgeschichte beschreibt Entwicklungen in zurückliegenden Sozialstrukturen und befasst sich mit den sozialen Prozessen und Wechselwirkungen der einzelnen Strukturelemente. In Deutschland wurde die Sozialgeschichte lange stiefmütterlich behandelt, da die deutsche Geschichtswissenschaft traditionell auf die Erforschung und Beschreibung des staatlichen Handelns konzentriert war. Die Alltagsgeschichte beschäftigt sich nicht mit den großen politischen Ereignissen oder Jahreszahlen, sondern fragt nach den Menschen in ihrem alltäglichen Erleben und versucht, das Handeln der Menschen zu rekonstruieren und nachvollziehbar zu machen. Schwerpunkte der Alltagsgeschichte sind beispielsweise persönliche Kindheit, Ausbildung, medizinische und hygienische Situation, Umfeld, Kriegserfahrungen usw. Somit sei das pflegegeschichtsverliebtes Lehrerherz ermuntert, seinem Schlage zu folgen und sich nicht zu ängstigen, als Märchentante oder Erzählonkel abgestempelt zu werden. Natürlich muss der Rote Faden erhalten bleiben und natürlich darf der ergebnisorientierte Blick, der da heißt Prüfung, nicht verloren gehen. Aber jenes Detail oder Episödchen, eigene Erfahrungen oder persönliche Erlebnisse, Erinnerungen oder Verbindung zum jetzigen Erleben – dass füllt die Pflegegeschichte inhaltlich und macht sie lebendig. So reißt Geschichte der Pflege mit und begeistert. Und fast mühelos erlernen SchülerINNEN nicht nur den Prüfungsstoff, sondern schärfen ihre sozialen Kompetenzen. Doch kurz vor der Prüfung sind derartige Aspekte nicht mehr wichtig. Gestresste ExamensschülerINNEN stehen vor einer immensen Stofffülle und fragen sich verzweifelt: "Was muss ich lernen? Was muss ich wissen? Das alles ist zuviel und hat keinen Platz mehr in meinem Kopf. Wie bekomme ich das Ganze sortiert?" Ach so – nicht zu vergessen: "Jeder Pauker bildet sich ein, dass sein Fach das Maß aller Dinge sei. Mann, können die sich wichtig nehmen und nerven!"
Jede Lehrkraft hat einen eigenen Stil und meine Handhabung kann nur als Empfehlung genommen werden, besitzt also keinerlei Anspruch auf allgemeine Gültigkeit. Ich versuche meinen SchülerINNEn insoweit zu helfen, dass sie genau gesagt bekommen, was sie unbedingt wissen müssen, was zum Allgemeinwissen gehört und mit Sicherheit prüfungsrelevant ist. Ebenso erkläre ich ihnen, welches Hintergrundwissen sie sich merken sollten, um die historischen Zusammenhänge, Entwicklungen, Ereignisse zu verstehen.
Auf Jahreszahlen lege ich in einer Prüfung keinen Wert. Das fördert lediglich stures Auswendiglernen und erlaubt keinen Rückschluss, dass der Stoff auch verstanden wurde. Es reicht mir voll und ganz, wenn eine ungefähre zeitliche Einordnung möglich ist. Wenn mir also jemand Henri Dunant in die römische Antike packt, trifft es nicht meine Begeisterung. Natürlich ist es Klasse, wenn jemand weiß, dass die Steinzeit einen unglaublich langen Zeitraum von 2,6 Millionen Jahren umfasst, die Altsteinzeit mit den ersten absichtlich hergestellten Steinwerkzeugen vor über 2,4 Millionen Jahren begann und die Jungsteinzeit vor etwa 4000 Jahren mit der Verwendung von Metallen endete. Aber was hat das mit Pflege zu tun?
Wenn mir also jemand erklärt: "Steinzeit? Lange her! Da fing doch alles an." – das reicht mir persönlich voll und ganz. Nicht Zahlen, Inhalte sind mir wichtig.
Im Allgemeinen reicht es mir, wenn Sachverhalte erklärt werden können. Dennoch verzichte ich nicht grundsätzlich auf eine fachliche Sprache als Ausdruck der Professionalität. Begriffe wie Humoralpathologie, Intrusionen, dissoziative Amnesie, etc sollten schon geläufig sein. Die deutsche Sprache ist eine schöne Sprache, aber zur Eindeutigkeit einer Aussage gehören nun mal auch Fachbegriffe .
Ich vernachlässige bewusst die Geschichte der Medizin, soweit es irgendwie möglich ist. Die Berufsgeschichte ist auch ein Mittel zur Orientierung und Entwicklung des eigenen Berufsbildes. Das steht für mich im Mittelpunkt.
Natürlich wäre es auch spannend, etwas über Pflege in Babylonnien oder im alten Ägypten zu erfahren. Doch es würde schlicht und ergreifend jeglichen Rahmen sprengen, Pflege und Medizin aller alten Hochkulturen wiederzugeben. Daher beschränke ich mich darauf, die Entwicklungen aufzuzeigen, die in erster Linie für die Pflege in Deutschland relevant waren. Was natürlich nicht heißen soll, SchülerINNEN mit historischem Interesse abzuwürgen. Jeder kann gerne seine Interessen austoben. Nur reicht dafür keine Unterrichtszeit aus.
Diese Homepage ist noch reichlich lückenhaft und unvollständig. Beispielsweise fehlt noch das gesamte Kapitel Pflege in den Weltkriegen oder Geschichte der Wohlfahrtsverbände oder DDR. Rom wurde auch nicht an einem einzigen Tage erbaut. Also hier die Bitte um Geduld. Nichtsdestotrotz hoffe ich, mit meinen bisherigen Ergebnissen schon eine Art Leitfaden bieten zu können.
Eine Allgemeine Übersicht zur Pflegegeschichte sollte vorhanden sein, was auch schriftlich überprüft werden sollte. Das könnte eine Vornote ergeben, worauf ich aber verzichte. Ich lasse Kurzarbeiten vor der neuen Lerneinheit schreiben anstatt einer mündlichen Wiederholung. Kürzere Leistungstests sind sinnvoller als eine Mammutarbeit. Nach einer Kurzarbeit erhalten die Schüler ein Lösungsblatt und können ihre Arbeit selber korrigieren und einschätzen, bei dieser Gelegenheit aber auch Fragen stellen. Allerdings sammel ich diese Kurzarbeiten ein, um mir einen Überblick über den Wissensstand zu verschaffen.
Auch in der Prüfung sollten Wissensfragen einfließen. Dazu gibt es bei mir einen Topf mit Fragen. Der Prüfling zieht eine Frage und sollte sie möglichst kurz und knackig beantworten. Nun kann man immer auf dem verkehrten Fuß erwischt werden und dazu kommt Prüfungsstress. Denkt er also nur: "Oh je", kann er die Frage zurücklegen und sich eine neue Karte ziehen. Wieder pure Verzweiflung? Karte zurück und eine neue ziehen. Diese Karte ist jedoch die letzte und muss beantwortet werde. Ein Ausweichen auf eine frühere Karte gibt es nicht. Die Wissensfrage macht bei mir einen Anteil von 1/4 zum Prüfungsergebnis aus.
Als Beispiel Fragen zur alten und älteren Pflegegeschichte:
Innerhalb des Unterrichtes sollte auf jeden Fall eine Hausaufgabe erteilt werden zur Regionalgeschichte, wie beispielsweise
usw, usw. Mögliche Themen sind bei genauerem Hinsehen zahlreich. SchülerINNEN sollten grobe Vorschläge erhalten, aber ihr Thema alleine festlegen. Gruppenarbeiten bei umfangreichen Themen wären begrüßenswert, doch sollte jedes Gruppenmitglied für ein Teilgebiet verantwortlich und zuständig sein. Die Hausaufgabe sollte in einem benoteten Referat (Vornote) vorgestellt werden. In der Berufskundeprüfung sollte dann auch diese Hausaufgabe Prüfungsgegenstand (1/4) sein.
Ein zusätzlicher Ansporn ist ein Projekttag. Bei der Recherche zur Hausarbeit finden die Schüler immer auch Bildmaterial, Dokumente etc. Aufbereitet in einer Ausstellung werden die Arbeitsergebnisse von den jeweiligen Referenten über die Kursgrenzen hinweg vorgestellt. Davon profitieren auch Nachfolgekurse. Wünschenswert ist es, für die Ausstellung einen Platz zu finden, wo sie bis zur nächsten Ausstellung verbleiben kann. Derart gestaltete Flur-, Aufenthaltsraumwände sind nicht nur informativ, sondern auch spannend.
Der dritte Teil der Prüfung sollte vorher in Gruppenarbeiten geübt werden. Mein Gewicht in der Prüfung (1/2) liegt eindeutig auf diesem Thema, weil es nicht nur um Wissen geht, sondern in erster Linie um den Praxis-Theorie-Transfer, denn die Geschichte der Pflege ist kein abstraktes Ding. Historische Kenntnisse, soziale Kompetenz, geplante Vorgehensweise und Pflegeverständnis werden deutlich. Der oder die SchülerIN bekommt schriftlich ein Fallbeispiel und eine Vorbereitungszeit mit den Fragestellungen:
1. Welche persönlichen Erfahrungen durch geschichtliche Ereignisse könnten die Ursache zu dem Verhalten sein?
2. Beschreiben Sie typische PTBS-Symptome an diesem Fall!
3.Wie reagieren Sie? Welche pflegerische Maßnahmen könnten zu einer Stabilisierung beitragen?
Beispiele für Fallbeispiel:
Herr S.
Das Altenpflegeheim unternimmt eine Dampferfahrt. Herr S. weigert sich, an der Dampferfahrt teilzunehmen. An den Aktivitäten im Heim nimmt der rüstige 78jährige normalerweise immer teil. Herr S. ist 1925 geboren und hatte in der Wehrmacht gedient. Durch eine nicht schwerwiegende Schussverletzung entkam er mit einem Verwundetentransport über die Ostsee nach Dänemark der sowjetischen Kriegsgefangenschaft. Herr S. ist stets höflich und hilfsbereit. Der Umgang mit ihm ist allerdings erschwert durch sein introvertiertes Verhalten. Gespräche sind mit dem einsilbigen alten Herrn kaum möglich.
Frau X
Frau X ist eine sehr ruhige Bewohnerin, die zu depressiven Verstimmungen neigt. Seit sie eine neue Zimmergenossin hat, reagiert sie mit großer Unruhe, Launenhaftigkeit oder "grundlosem" Weinen, wenn diese Besuch bekommt, obwohl sich ansonsten die beiden alten Damen blendend verstehen. Da der Schwiegersohn der Zimmergenossin Amerikaner ist, unterhält man sich bei den Besuchen auf Englisch. Dass sich dadurch Frau X ausgeschlossen fühlt, ist unwahrscheinlich, denn sie versteht Englisch. Frau X hat immer in Mitterteich/Oberpfalz gelebt.
Bei entsprechender Begründung müssen die wahren Ursachen nicht erkannt werden, was auch ausgesprochen schwer ist. Allerdings ist es immer wieder erstaunlich, dass die SchülerINNEN in der Regel sehr treffsicher die richtigen Ursachen herausfiltern. Allerdings erwarte ich hier eine Fachsprache und lasse Umschreibungen der Symptome nicht zu. Ich hätte es gerne, dass ein Patient nicht als blau statt zyanotisch beschrieben wird, da die deutsche Übersetzung irreführend sein kann. Genauso fordere ich eine eindeutige Einordnung der Symptome der PTBS und beispielsweise einen Flashback statt "Inneres Auge" oder Trigger statt "Ausweichen", auch, wenn Umschreibungen den Kern der Sache berühren. Von Fachpflegekräften muss erwartet werden können, dass sie das Fachvokabular zugunsten der eindeutigen Begriffe des betreffenden Fachgebietes beherschen.
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